Ein Mädchen lernt zu leben – von einem Jungen, der sterben will
Ist heute ein guter Tag zum Sterben?, fragt sich Finch, sechs Stockwerke über dem Abgrund auf einem Glockenturm, als er plötzlich bemerkt, dass er nicht allein ist. Neben ihm steht Violet, die offenbar über dasselbe nachdenkt wie er. Von da an beginnt für die beiden eine Reise, auf der sie wunderschöne wie traurige Dinge erleben und großartige sowie kleine Augenblicke – das Leben eben.
So passiert es auch, dass Finch bei Violet er selbst sein kann – ein verwegener, witziger und lebenslustiger Typ, nicht der Freak, für den alle ihn halten. Und es ist Finch, der Violet dazu bringt, jeden einzelnen Moment zu genießen. Aber während Violet anfängt, das Leben wieder für sich zu entdecken, beginnt Finchs Welt allmählich zu schwinden…Quelle: Limes / Blanvalet
Gemischte Gefühle
Auf «All die verdammt perfekten Tage» war ich sehr gespannt, da einige englischsprachige Rezensenten es als das Nächste «Das Schicksal ist ein mieser Verräter» angepriesen haben. Ebenso wurde es als herzzerreißend und als etwas ganz Großes beschrieben. In meinen Augen darf man es eigentlich nicht mit John Greens grandiosem Werk vergleichen, da man sonst, so wie ich es getan habe, mit zu hohen Erwartungen an dieses Buch herangeht.
Ganz ehrlich, ich weiß einfach nicht, was ich von diesem Buch halten soll …
Im Grunde hat mir die schwierige Thematik gefallen, da sie von der Autorin beeindruckend authentisch dargestellt wurde. Gleichzeitig hat mich die Geschichte einfach nur verwirrt, da man als Leser lange Zeit nicht genau weiß, was überhaupt los ist. Wahrscheinlich war es Jennifer Nivens Absicht, ihren Protagonisten Theodore Finch in ein diffuses Licht zu stellen und kurios wirken zu lassen. Denn genauso hat ihn sein nahes Umfeld auch wahrgenommen. Denn keiner kennt den traurigen, melancholischen und scheinbar rücksichtslosen Jungen, der sich einsam in seiner ganz eigenen Traumwelt bewegt und es einfach nicht schafft, in der Realität anzukommen, wirklich. Einzig Violet Markey, die selbst den Boden unter den Füßen verloren hat und einfach nur wütend auf die Welt, aber am meisten auf sich selbst ist, scheint hinter seiner freakigen Fassade sein Wahres Ich zu sehen. Sie lernt von ihm wahrhaftig zu leben, obwohl er sich selbst so sehr nach dem Tod sehnt.
Jetzt, wo ich wieder über diese tragische Geschichte nachdenke, gefällt sie mir eigentlich doch ganz gut. Aber beim Lesen ging mir wirklich vieles auf die Nerven und rückblickend waren einige Dinge einfach nicht stimmig. Hinzu kommt eine krasse Wendung, die mir niemals gefallen wird und die man in meinen Augen viel besser und noch beeindruckender hätte lösen können, ohne die Botschaft, die die Autorin mit diesem Buch vermitteln möchte, zu verlieren.
Fazit
Ich bin hin- und hergerissen.
Auf der einen Seite gibt es einige Ungereimtheiten, viele diffuse Abschnitte und ein einschneidendes Ereignis, dass ich einfach nicht gutheißen möchte. Anderseits finde ich es großartig, dass sich die Autorin einer Thematik angenommen hat, mit der sich jugendliche und auch erwachsene Leser einfach auseinandersetzten sollten. Wie oft passiert es, dass man Menschen, die man nicht kennt, in Schubladen steckt? Ebenso sollte man das klassische Schwarz-Weiß-Denken ablegen und sich bewusst machen, dass Krankheiten, die sich nicht mit einem Fieberthermometer messen lassen, trotzdem da sind, krank machen und Leben zerstören und im schlimmsten Fall sogar beenden können.
Nachdem ich nun auch das Nachwort der Autorin gelesen habe, habe ich einen etwas anderen Blick auf die Geschichte, die mir beim Lesen nicht gefallen hat. Jetzt habe ich alles noch einmal reflektiert und finde, dass trotz der vielen Kritikpunkte Jennifer Niven ein lesenswertes Werk geschaffen hat, dessen Botschaft wichtiger ist, als sein Unterhaltungswert.
Taschenbuch: Blanvalet
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