Ein wichtiger Film, der mehr als nur gute Unterhaltung liefert
Basierend auf dem gleichnamigen Justizroman von Ferdinand von Schirach erzählt «DER FALL COLLINI» die Geschichte eines jungen Anwalts (Elyas M’Barek), der in seinem ersten Fall erkennen muss, das Recht nicht immer was mit Gerechtigkeit zu tun hat.
Dass diese bewegende Geschichte genau der richtige Stoff für die große Leinwand ist, habe ich mir schon beim Lesen der knapp 200 Seiten schlanken und inhaltlich gewaltigen Romanvorlage gedacht und gleichzeitig finde ich es wichtig, dass dieser unfassbare Justizskandal um das «Dreher-Gesetz*» den meist unwissenden Zuschauern endlich vor Augen geführt wird und zeigt, wie wichtig es ist, sich stets für die Gerechtigkeit einzusetzen und niemals zu schweigen.
Der Roman hat mich nachhaltig beeindruckt und gedanklich noch lange Zeit beschäftigt. Die innere Wut, die zum Ende der Handlung in meinem Magen brodelte, wich später einer tiefen Traurigkeit und diese Traurigkeit traf mich am Ende des Filmes noch extremer. Fast unbemerkt hat sich die Distanz zum Angeklagten, die man fast die gesamte Filmlaufzeit spürt, aufgelöst und die Rückblenden in die Vergangenheit trafen mich mitten ins Herz. Das Drehbuch weicht etwas von der Romanvorlage ab, doch genau diese Veränderungen bereichern die Erzählung und machen die Story noch stärker.
«Die Toten wollen keine Rache.»
Auf vier Zeitebenen erstreckt sich ein tragisches Familiendrama, das stellvertretend für unzählige menschliche Schicksale steht, die erst unter dem NS-Terror und später unter den Ungerechtigkeiten des skandalösen Dreher-Gesetzes zu leiden hatten.
Nachvollziehbar werden die komplexen juristischen Zusammenhänge und rechtshistorischen Fakten dargestellt, sodass wirklich jeder die politischen sowie menschlichen Auswirkungen begreift.
Diese deutsche Produktion kann ich wirklich nur loben. Man spürt, dass der herausragende Regisseur Marco Kreuzpaintner für diese Geschichte brennt und er hat es mit seinem Team geschafft, den Geist der Romanvorlage auf die Leinwand zu bannen.
«DER FALL COLLINI» überzeugt mit einer komplexen und nachvollziehbaren Handlung, authentischen Bildern, erstklassigen Schauspielern, die das Beste aus sich herausgeholt haben, sowie einem angenehmen Spannungsbogen, der sich durch den anfangs nüchternen Erzählstil langsam aber stetig entwickelt. Die gesamte Zeit über ist man wie gebannt und begierig darauf zu erfahren, was Fabrizio Collini dazu veranlasst hat, Hans Meyer zu ermorden. Die Auflösung ist gewaltig, vernichtend und geht mit einer emotionalen Wucht und ausdrucksstarken Szenen unter die Haut.
*) DAS DREHER-GESETZ: Eduard Dreher (1907 – 1996) arbeitete im Dritten Reich als Staatsanwalt und hat sogar bei Bagatelldelikten wie z.B. Lebensmitteldiebstahl die Todesstrafe gefordert. Nach Kriegsende machte er Karriere als Beamter und war im Jahr 1968 Leiter der Strafrechtsabteilung im Bundesjustizministerium. Er war maßgeblich an einem Gesetzentwurf beteiligt, das vorwiegend völlig unbedeutende Regelungen enthielt. Deshalb wurde es vom Bundestag ohne Debatte und einstimmig verabschiedet. Doch es entpuppte sich als trojanisches Pferd. Denn es enthält einen hinterhältigen Satz, das mit Inkrafttreten des Gesetzes unzählige Verbrechen der NS-Zeit auf einen Schlag verjährt hat und wenn nach deutschem Recht einmal eine Tat verjährt ist, kann die Verjährungsfrist rückwirkend nicht wieder aufleben. Somit kamen Tausende eindeutig schuldige Nazi-Schergen aus dem Dritten Reich ungestraft davon.
Filmografie
DER FALL COLLINI – ab 18. April 2019 im Kino!
basierend auf dem gleichnamigen Roman von Ferdinand von Schirach
Darsteller
Elyas M’Barek, Alexandra Maria Lara, Heiner Lauterbach, Manfred Zapatka, Jannis Niewöhner, Rainer Bock, Catrin Striebeck, Pia Stutzenstein, Peter Prager, Hannes Wegener
und Franco Nero als Fabrizio Collini
Regie
Marco Kreuzpaintner
Filmlänge: ca. 118 Minuten
FSK: ab 12 Jahren freigegeben
Filmverleih: Constantin Film
Genre: Justizdrama, Krimi